Angehörige aus der Isolation holen

Ambulantes Angebot – »Treff bei Adele«: Plätze frei in Betreuungsgruppe für Demenzerkrankte. Ehrenamtliche gesucht

REUTLINGEN. Eine Auszeit von der Isolation, der kräftezehrenden Pflege und dem Alltag soll die Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz den Angehörigen geben. »In der Beratung merken wir, dass Angehörige, die einen Menschen mit Demenz betreuen, ganz oft an der Belastungsgrenze sind«, beschreibt Hanspeter Brodbeck, Leiter des Gertrud-Luckner  Seniorenzentrums, die Erfahrungen in der Anlaufstelle für Demenz und Lebensqualität, kurz Adele, die wie das Seniorenzentrum zur Paul-Wilhelm-von-Keppler Stiftung gehört. Gerade in diesen Zeiten sei es umso wichtiger, den Angehörigen ein paar Stunden zum Aufatmen und Krafttanken zu ermöglichen.

Der »Treff bei Adele« wird getragen von der Anlaufstelle für Demenz und Lebensqualität, der katholischen Sozialstation und katholischen Kirchengemeinde St. Andreas unter Leitung von Katja Badstöber, Projektleiterin von Adele.

Landkreis unterstützt

Die Gruppe ist über den Landkreis zugelassen und wird von diesem finanziell unterstützt. Es wird für das Angebot zwar ein Unkostenbeitrag erhoben, der jedoch über die Kasse abgerechnet werden kann, sagt Brodbeck. Er erzählt von Angehörigen, die sich seit Beginn der Pandemie isolieren, um den Angehörigen zu schützen. In diesen Fällen findet so gut wie keine Entlastung durch Außenstehende mehr statt. »Die Belastung der Angehörigen hat massiv zugenommen. Es war allerhöchste Zeit das Angebot zu schaffen«, sagt Brodbeck. Gerade in Orschel- Hagen sei neben dem Ringelbach der Altersdurchschnitt sehr hoch. Da reiche die bestehende und einzige Betreuungsgruppe im Stadtgebiet nicht aus.

Zu Beginn werden sechs Plätze angeboten, ein paar der Plätze sind noch frei. »Wir wollen bewusst klein starten, aber je nach Infektionsgeschehen und Nachfrage wachsen«, erklärt Brodbeck. Jeden Donnerstag von 8.30 bis 11.30 Uhr werden die Gäste im Gemeindesaal der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas betreut. Ein Fahrdienst wird dafür angeboten. Es gibt ein zweites Frühstück sowie verschiedene Aktivitäten, etwa Basteln, Singen, Gymnastik, eine Andacht oder einen Spaziergang. Vor allem aber geht es um die Gemeinschaft. Um die gesundheitliche Sicherheit zu gewähren, werden Helfer wie Gäste an jedem Termin getestet. Die Helfer tragen FFP2-Masken und erhalten einen Berechtigungsschein für die Impfung. Zudem gelten die allgegenwärtig hohen Hygienestandards.

Um jeden Gast kümmert sich jeweils eine ehrenamtliche Helferin. Bislang haben sich hauptsächlich Frauen gemeldet. Sie kommen entweder aus der Pflege oder haben einen Angehörigen mit Demenz gepflegt. Aber auch ohne Fachwissen kann diese Aufgabe übernommen werden, da eine mehrteilige Fortbildung angeboten wird. In dieser werden fachliche Hintergründe zu der Erkrankung vermittelt. »Der Umgang mit Demenzerkrankten ist nicht schwierig«, ist Brodbeck überzeugt. »Empathie, Geduld und sich einlassen: Mit der Haltung funktioniert es gut, dann macht die Begegnung richtig Freude« Wichtig sei, sich als Helfer auf die ganz eigene Welt der Menschen mit Demenz einzulassen.

Leichter für Außenstehende

Das fällt Außenstehenden sicher leichter, während es der Erfahrung Brodbecks nach die Angehörigen zerreißen kann, wenn sie zwischen ihrer realen Welt und der Welt des Demenzerkrankten ständig wechseln müssen. Auch deshalb wird es ein regelmäßiges Treffen für pflegende Angehörige samt Betreuungsangebot geben. Dabei gibt es inhaltlichen Input, aber auch genug Raum für den Austausch untereinander, »um sich gegenseitig zu stärken«. (GEA)

INFO ZU ADELE
Der »Treff bei Adele« ist ab dem 15. April jeden Donnerstag von 8.30 bis 11.30 Uhr im Gemeindesaal der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas in der Nürnberger Straße 184.
Die Anmeldung eines Gastes für die Betreuungsgruppe ist bei der Anlaufstelle für Demenz und Lebensqualität möglich, entweder telefonisch oder per E-Mail. Dort können sich auch Interessierte an einer Mitarbeit in der Gruppe melden. Weitere Informationen finden sich im Netz.
Tel.: 07121 820-6450
adele@keppler-stiftung.de
www.adele-demenz.de

von Anne Leipold, GEA am 13.04.2021

Veröffentlicht am

in