Kirche, die an der Zeit ist

In der Reflexion des Erlebens von Kirche – auch und gerade in unserer Seelsorgeeinheit – schrieb Angela Madaus das Buch: “Kirche, die an der Zeit ist – kirchliche Sprache und religiöse Praxis in der globalen Welt”

Gio Batta Bucciol schrieb dazu folgende Rezession: Die Entwicklung der jungen Kirche zur Weltkirche hing entscheidend mit der Person des Apostels Paulus zusammen. Mit Paulus vermeidet die junge Kirche die Gefahr, eine jüdische Sekte zu bleiben, mit Paulus wird das Christentum eine Weltkirche. Es grenzte sich einerseits vom Judentum ab und konnte sich andererseits im damaligen heidnischen Umfeld behaupten, was nicht zuletzt dem Erfolg der paulinischen Missionierung geschuldet ist. Latein wurde dann als liturgische und rituelle Sprache zur Universalsprache der Kirche und verband die Christen aller Welt miteinander. Das gemeinsame Gebet, der gemeinsame Gesang und die gemeinschaftlich ausgeführten Riten verbinden seither die Gläubigen untereinander zu einer “Resonanz-Gemeinschaft”, indem sie über ein “Transzendenzerlebnis eine Sphäre der Verbundenheit schaffen” (so: Byung-Chul Han).

Aber gerade dieser Zusammenhalt, dieser Gemeinschaftssinn, das Verbindende ist heute in der Krise, geht allmählich verloren. Was kann man in dieser Krise tun? Was vorschlagen, was unternehmen, das eine neue Dynamik entfaltet, wie durch Innovation Anziehungskraft erlangen? Und schließlich: Wie kann Universalität neu gedacht werden?

Madaus setzt sich für neue Wege ein, aber innerhalb der tradierten Strukturen und unter Bewahrung der Essenz der christlichen Botschaft. Sie ist außerdem der Auffassung, dass die Skandale, die die Kirche im Moment erschüttern, nicht die Ursache der Krise, sondern ein Symptom der Kirchenkrise sind. Und auch die im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Themen – Weiheämter, priesterlicher Zölibat, die Rolle der Frau etc. – gehören nach Madaus zur Oberflächenstruktur. Die Analyse der Tiefenstruktur der Krise zeigt nämlich: Es handelt sich eigentlich nicht um eine Kirchen-, sondern um eine Glaubenskrise, um das Schwinden der Religiosität, was sich als allgemeine Gleichgültigkeit der heutigen Gesellschaft dem Religiösen gegenüber äußert.

Diese Diagnose betrifft allerdings vorwiegend die westliche, die europäische Kirche. Außerhalb Europas zeigt sich ein anderes Bild, was Anlass zur Hoffnung gibt: In Indien oder Afrika beispielsweise verzeichnet gerade die katholische Kirche anhaltende Zuwächse.

Gio Batta Bucciol, Venedig, September 2025

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